Informationen über die Spätfolgen nach Poliomyelitis

Read this in  English  |  Chinese (PDF)  |  Farsi (PDF)  |  French  |  Italian  |  Spanish

Für Poliobetroffene

Wissen sie, dass es 12-20 Millionen Menschen in der Welt gibt, die Poliomyelitis hatten? Obwohl viele Leute denken: "Polio gibt es heute nicht mehr", verursacht das Poliovirus auch heute noch Poliomyelitis bei ungenügend geimpften Kindern. Möglicherweise leben sie in einem Land, welches immer noch versucht, das Poliovirus auszurotten und wo es Barrieren durch Erziehung, Beschäftigung und Gesundheitsfürsorge für Überlebende gibt. Oder sie leben dort, wo Fälle von akuter Polio zwar nicht mehr auftreten, aber wo sie durch die Herausforderungen, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind, an der vollen Teilnahme am täglichen Leben ausgeschlossen sind. In einem solchen Falle existiert für sie die Polio immer noch.

Es gibt langhaltende körperliche Auswirkungen für Leute, welche Poliomyelitis hatten. Neue Symptome, welche von der Medizin erkannt wurden und mit einer früher durchgemachten Polio in Zusammenhang stehen können, umfassen ungewöhnliche Müdigkeit – entweder als rasche Muskelermüdung oder als Erschöpfung des ganzen Körpers; neue Schwäche in den Muskeln, sowohl der ursprünglich betroffenen wie auch der scheinbar nichtbefallenen; Schmerzen in den Muskeln und/oder Gelenken; Atmungs- oder Schluckprobleme; und/oder die verminderte Fähigkeit, Kälte zu ertragen.

Jede Kombination dieser Symptome kann ihre Fähigkeiten, Aktivitäten des täglichen Lebens, wie Treppensteigen, Laufen, Heben usw., zu bewältigen, beeinträchtigen.

Image

This introduction to information about the late effects of polio, is available as an attractive printed, 4-part brochure written for three audiences: polio survivors, their families and friends, and health professionals. The sections can be separated and passed along to others.

First copy is free!
100 brochures for $40 
50 brochures for $20
25 brochures for $10 
Postage not included.

For more information, contact info@post-polio.org.

Order Brochures Online
Empfohlene Aktionen

Lassen sie von ihrem Hausarzt eine umfassende medizinische Generaluntersuchung durchführen. Alle medizinischen Probleme, welche dabei gefunden werden, sollten behandelt und kontrolliert werden.

Wenn ihre Symptome weiter anhalten, lassen sie von einem Spezialisten für Post-Polio-Probleme, meist ein Facharzt für Physiotherapie und Rehabilitation oder ein Neurologe, eine neuromuskuläre Untersuchung durchführen. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, zu ermitteln, worin das Problem besteht und eine Grundlage für die Beurteilung künftiger Veränderungen zu geben, Mobilitätshilfen und/oder Atemgeräte für sie zu finden bzw. zu aktualisieren und einen individuellen Behandlungsplan für sie zu entwickeln.

Versuchen sie nicht, eine Selbstdiagnose vorzunehmen. Das Post-Polio-Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose, und es ist wichtig, Bedingungen mit ähnlichen Symptomen herauszufinden (oder zu behandeln), die eine Gefahr darstellen könnten.

Obwohl die Forschung bisher noch kein Arzneimittel gefunden hat, welches die Schwächung der Muskeln aufhalten oder verzögern kann, lassen sich die Symptome behandeln. Suchen sie medizinischen Rat und benutzen sie empfohlene Mobilitätshilfen und Atemgeräte. Hören sie auf ihren Körper und befolgen sie vernünftige Ratschläge, die zur Vermeidung von Aktivitäten beitragen, welche Schmerzen und/oder Ermüdung verursachen und mehr als 10 Minuten andauern. Planen sie ihre täglichen Aktivitäten, und legen sie routinemäßig mehrmals am Tag Ruhepausen von 15-30 Minuten ein.

Erwägen sie, sich einer Gruppe anzuschließen, welche Selbsthilfe unterstützt, die Gruppenteilnahme fördert und eine positive Wirkung hat oder suchen sie individuelle Hilfe und/oder Familienberatungen, um Unterstützung bei notwendigen Veränderungen des Lebensstiles zu finden.

Die Erhaltung der Gesundheit ist besonders für Personen mit einem geschwächten neuromuskulären System wichtig. Beachten sie also allgemeine Hinweise über gesunde Ernährung, ausreichendem Schlaf, angepassten Übungen und Vermeidung von ungesunden Lebensweisen wie Rauchen und zu reichlichem Essen. Viele Symptome sind das Ergebnis von Überlastung und Missbrauch von Muskeln und Gelenken. Man sollte sorgfältig überlegen, welche Muskeln zu trainieren sind und wie oft.

Unterrichten sie sich und ihre Angehörigen über Post-Polio-Probleme und Behandlungsmöglichkeiten. Bilden sie ein Team mit traditionellen und falls nötig mit alternativen Gesundheitsexperten und arbeiten sie mit diesen zusammen, wenn sie um Gesundheit und Unabhängigkeit bestrebt sind.

Für Angehörige und Freunde

Die Erfahrung, dass man Poliomyelitis (Kinderlähmung) gehabt hat, ist eine sehr persönliche. Wenn man die akute Erkrankung hatte, konnte das auch bei Nichteinweisung in ein Krankenhaus zu einer Isolierung und zu monatelangen, wenn nicht sogar jahrelangen Rehabilitationsmaßnahmen führen. Die Erinnerung an Polio variieren sehr stark. Überlebende, welche Polio als Kind durchgemacht hatten, haben unter Umständen gar keine bewusste Erinnerung an die Erkrankung oder die anschließende Rehabilitation, während einige Überlebende sich lebhaft an die Schmerzen und die Lähmungen der akuten Infektion und die medizinischen Behandlungen erinnern. Die Fürsorge unterschied sich von Land zu Land, von Dekade zu Dekade und von ländlichen Gemeinden zu Städten.

Poliomyelitis wird durch einen der drei Serotypen des Poliovirus hervorgerufen. Die Hauptfolgen umfassen nichtparalytische und paralytische Poliomyelitis. Das Poliovirus zerstört motorische Nervenzellen, wodurch die von diesen Nerven gesteuerten Muskeln zeitweise oder dauernd gelähmt werden. Akute Polio befällt keine sensorischen Nerven, so dass die Empfindung nicht beeinflusst wird. Die paralytische Poliomyelitis kann in spinale, bulbäre oder spinal-bulbäre unterteilt werden. Die bulbäre Form ist die gefährlichste, weil sie den Teil des Gehirns befällt, der für die vitalen Funktionen von Atmung und Schlucken verantwortlich ist.

Die neuen Probleme, denen sich ihre Angehörigen gegenüberstehen, werden primär nicht durch das Poliovirus hervorgerufen, sondern sind sekundäre Probleme nach einer durchgemachten Polio. Polioüberlebende, die neue Symptome erfahren, sind weder neu infiziert noch geht von ihnen eine Infektionsgefahr aus. Sie benötigen ihr Verständnis und ihre Unterstützung.

Post-Polio Health International empfiehlt, dass sich alle Poliobetroffenen jährlich medizinisch untersuchen lassen und diejenigen, die eines der neuen hartnäckigen Symptome von Schwäche, Schmerzen, Müdigkeit und Atemprobleme aufweisen, eine gründliche neuromuskuläre Untersuchung erhalten sollten. Einige Betroffene suchen jedoch nur ungern medizinische Beratung auf. Die Ursachen dafür können darin liegen, dass sie frühe Erinnerungen an die Poliomyelitis haben, ein kürzlicher Arztbesuch wenig hilfreich war, der Glaube, dass ohnehin kein Arzt heute die Spätfolgen der Poliomyelitis versteht oder sogar eine unzugängliche Praxis oder Untersuchungstisch. Ihre Rolle als Familienmitglied sollte dann darin bestehen, den Betroffenen zu einer Untersuchung zu ermutigen und bei der Durchführung des Behandlungsplanes zu assistieren.

Poliobetroffene sollten keine neuen Probleme einer Isolierung erfahren. Was sie beeinflusst, kann auch sie beeinflussen. Sie werden, vielleicht zum ersten Mal, sich mit neuen Problemen befassen müssen - Suche nach spezialisierten Ärzten und neuer Ausrüstung; Lernen, wie man Zugriff auf Behindertengesetze erlangt; die Wahl treffen, wie man sinnvoll Zeit, Energie und finanzielle Ressourcen einsetzt. Zusätzlich kann es nötig werden, lang bestehende Rollen im Zusammenleben zu überdenken und zu verändern.

Das Verständnis und die Akzeptanz all der Probleme der Spätfolgen von Polio ist nicht leicht. Keiner kann die Zukunft voraussagen, aber es ist zu empfehlen, dass sie und der Poliobetroffene in ihrem Leben versuchen, den Herausforderungen als ein Team gegenüberzutreten, das auch die Ärzte einbezieht.

Poliobetroffene können Schuldgefühle entwickeln und sich als "eine Bürde" fühlen. Oder sie empfinden Trauer darüber, "wie die Dinge sind". Sie selbst fühlen sich unter Unständen zornig wegen ihrer neuen Verantwortlichkeiten. Es empfiehlt sich, diese Probleme gleich anzusprechen, wenn sie auftreten. Jeder hat verschiedene Kenntnisse, Methoden und Vorlieben bei der Lösung von Problemen. Klärung und Anwendung dieser Fähigkeiten kann für die Aufrechterhaltung einer gesunden Beziehung sehr hilfreich sein. Viele Beziehungen können aus der Zusammenarbeit mit einer Selbsthilfegruppe oder einer Familienberatung Nutzen ziehen.

Informieren sie sich über die vielen Facetten der Spätfolgen. Das ist der erste Schritt, mit dem sie ihre Rolle in einem Behandlungsplan bestimmen, der auf der Verpflichtung ihrer Lieben basiert, notwendige Veränderungen in ihrem Lebensstil vorzunehmen.

Für Mitarbeiter im Gesundheitswesen

Poliobetroffene können ihren medizinischen Rat wegen neuer Schwäche, überwältigender Müdigkeit und/oder Schmerzen suchen. Einige Patienten beschreiben diese Symptome und "vergessen" zu erwähnen, dass sie Polio hatten. Diese Triade von Symptomen ist aber typisch für die mindestens 15 Jahre nach einer akuten Phase der Poliomyelitis, wie sie sich in den dokumentierten Erfahrungen der USA, von Westeuropa und Australasien darstellt. Personen, jetzt in ihrem siebenten oder achten Lebensjahrzehnt, sehen sich einer Kombination von neuen Polioproblemen und Altern gegenübergestellt. Da Poliomyelitis in der Welt noch nicht ausgerottet ist, suchen Betroffene Hilfe für die kommenden Jahre.

Schon 1875 beschrieben RAYMOND und CHARCOT einen Poliopatienten, der über neue Schwäche und Atrophie in seinem rechten Arm klagte – dem Arm, den er stärker wegen der vorhandenen Schwäche in seinem linken Arm benutzte. Als Überlebende der 1950er Epidemien medizinische Hilfe wegen "schnellerer Ermüdung" suchten, haben Forscher diese neuen Beschwerden untersucht und über die Jahre die folgenden Kriterien für das Post-Polio-Syndrom entwickelt*:

  • Frühere paralytische Poliomyelitis mit Hinweis auf Verlust von Motoneuronen bestätigt durch die Krankengeschichte einer Erkrankung an akuter Poliomyelitis, Anzeichen von zurückgebliebener Schwäche und Atrophie von Muskeln bei neurologischer Untersuchung und Anzeichen von Denervation im EMG.
  • Eine Periode partieller oder kompletter funktioneller Erholung nach der akuten paralytischen Poliomyelitis, gefolgt von einem Intervall (üblicherweise 15 oder mehr Jahre) stabiler neurologischer Funktion.
  • Allmähliches oder plötzliches Einsetzen von progressiver und andauernder neuer Muskelschwäche oder abnormer Muskelermüdung (verminderte Ausdauer) mit oder ohne generalisierte Ermüdung, Muskelatrophie oder Muskel- und Gelenkschmerzen. (Plötzliches Auftreten kann einer Periode von Inaktivität, einem Trauma oder einem chirurgischen Eingriff folgen). Seltener treten beim Post-Polio-Syndrom neue Probleme beim Atmen und Schlucken auf.
  • Symptome dauern mindestens ein Jahr an.
  • Ausschluss andere neurologischer, allgemeinmedizinischer oder orthopädischer Probleme als Ursache dieser Symptome.

Es erscheint notwendig darauf hinzuweisen, dass es Fälle gibt, wo eine Polio durchgemacht wurde, ohne dass diese Kriterien erfüllt sind. Poliobetroffene, die in ihre Praxis kommen, berichten eventuell über neurologische, orthopädische, muskelskeletale, emotionelle und rehabilitative Beschwerden, die alle methodisch zu klären sind und nicht einfach mit Alterserscheinungen missgedeutet werden dürfen.

Post-Polio Health International empfiehlt, dass alle Poliobetroffenen sinnvoll und gründlich medizinisch untersucht werden. Wenn die Symptome eines Patienten nicht durch allgemeinmedizinische Verfahren erklärt und gelindert werden können und die Symptome weiter bestehen oder sich verschlechtern, ist eine Überweisung zu empfehlen. Ein Facharzt für Physiotherapie oder Neurologie kann eine neuromuskuläre Untersuchung durchführen, um eine Diagnose zu erstellen und einen Behandlungsplan zu empfehlen, der ihnen und ihrem Patienten zugesandt wird.


Literatur

Jubelt, B., & Agre, J.C. (2000). Characteristics and management of postpolio syndrome. Journal of the American Medical Association, 284, 412-414. COPIES MUST BE OBTAINED FROM JAMA.

Maynard, F.M., & Headley, J.H. (Eds.) (1999). Handbook on the Late Effects of Poliomyelitis for Physicians and Survivors. Saint Louis, MO: Gazette International Networking Institute. TO PURCHASE YOUR COPY

*March of Dimes Birth Defects Foundation. (1999). Identifying Best Practices in Diagnosis & Care. Warm Springs, GA: March of Dimes International Conference on Post-Polio Syndrome. (www.modimes.org) OBTAIN A FREE COPY FROM PHI ...


Stay informed through Membership Opportunities with Post-Polio Health International

Translation by Dipl.-Biol. Dr. Rolf Kiessig, Magdeburg, Germany.

Reviewed by Susan Bawell Weber, Saint Louis, Missouri.